Die Pauschalreise

Die Verbraucherschutzvorschriften des Reiserechts aus §§ 651 a ff. BGB u. Co. finden nur dann Anwendung, wenn eine Pauschalreise das vertragliche Bindeglied ist. Karl Born, Honorarprofessor für Tourismusmanagement und -wirtschaft an der Hochschule Harz wies in einem Vortrag im Januar 2010 darauf hin, dass die Pauschalreise in weiten Teilen der Bevölkerung als "uncool" empfunden würde. Der Mensch sähe sich als Individuum in allem, was er tut und somit auch auf Reisen.

Definition

Was macht nun die Pauschalreise aus? Gibt es auch eine Individualreise? Und wenn ja, wo ist der Unterschied? - Fragen über Fragen. Die oben zitierten Normen des BGB, also die §§ 651 a bis m wollen die Reise als eine "Gesamtheit von Reiseleistungen" verstanden wissen. Genauer definieren wollte oder konnte der Gesetzgeber mit Normierung des Reisevertrags Ende der siebziger Jahre offensichtlich nicht. Der Aufgabe, eine konkrete und praxistaugliche Definition herauszuarbeiten, haben sich jedoch dankenswerterweise Rechtsprechung und Lehre angenommen.

Mindestens zwei erhebliche Leistungen

Hiernach müssen, zur Bildung der kleinstmöglichen Gesamtheit, mindestens zwei erhebliche (touristische) Leistungen vorliegen. Den Klassiker dürften das Duo Beförderungs- und Unterkunftsleistung darstellen, zum Beispiel Flug nach Malle mit Hotel. Aber auch die Beförderung mit Flugzeug, Bahn oder Bus und ein Konzert- oder Freizeitparkbesuch oder auch die Bereitstellung eines Fahrzeugs sind ebenfalls grundsätzlich geeignet. Sogar die Kreuzfahrt hat das Zeug zur Pauschalreise, da sie regelmäßig schon die Teilleistungen Beförderung und Unterkunft enthält. Entsprechende Anwendung findet das Pauschalreiserecht auf Ferienhausverträge, die ein gewerblicher Reiseveranstalter als alleinige Leistung in eigener Verantwortung erbringt.

Eine klare Absage ist hingegen der Kombi Flug und Bordverpflegung bzw. Bordunterhaltung zu erteilen. Nach einhelliger Auffassung in Rechtsprechung und Literatur ist beim Flug ausschließlich auf die Transportleistung abzustellen. Das belegte Brot und ein Kaltgetränk bzw. der an Bord gezeigte Spielfilm sind als unbedeutsame Nebenleistungen einzustufen.

Bündelung

Selbstverständlich können Flug und Hotel einzeln gebucht werden: Einmal Antalya und zurück für EUR 350,00. Direkt zu zahlen an die Serefe Air. Ein Luftbeförderungsvertrag also, auf den der normierte Werkvertrag Anwendung findet. Dazu vierzehn Tage im türkischen Vier-Sterne-Hotel bei alles-inklusive-Verpflegungsumfang für EUR 620,00. Diesmal direkt dem Hotel anzuweisen. Ein gemischter Vertrag, auf den Vorschriften aus Miet-, Beherbergungs-, Kauf- und Werkvertragsrecht anzuwenden sind. - In diesem Beispiel fehlt es für die Annahme einer Pauschalreise an der Leistungsbündelung, womit wir beim zweiten und zugleich schon letzten Definitionspunkt angekommen sind. Die für die Pauschalreise erforderliche Paketierung lässt sich regelmäßig in Form eines Gesamtpreises und auch eines sich gesamtverantwortlich bekennenden Veranstalters ausmachen. Unser Fall wäre deshalb so zu verändern, dass nun ein Gesamtbetrag über EUR 999,00 an die Reiseveranstalterin, die Operatörü GmbH zu entrichten ist. Jetzt hat der Reisende nur einen Vertragspartner. Er muss nur an einen zahlen und erhält sämtliche Leistungen aus einer Hand.

Die genannten Kriterien zur Bestimmung einer Pauschalreise gelten mittlerweile als nahezu unumstößlich. Außerdem haben sie auch Einzug in die EU-Gesetzgebung gehalten, die gegenüber nationalem Recht Vorrang genießt, vgl. beispielsweise Art. 2 der Richtlinie 90/314/EWG über Pauschalreisen.

Reiseveranstalter wider Willen

Nach wie vor wird allerdings fleißig darüber gestritten, wer denn nun der Reiseveranstalter ist. Man sollte meinen, dass derartiger Streit durch klare Ausführungen im Rahmen der Buchung und wiederholende, unmissverständliche Darstellung in der Reisebestätigung zu vermeiden sein müsste. Die Praxis zeigt jedoch, dass schon menschliche Unzulänglichkeiten(fehlerhafte Beratung durch das Reisebüro) oder auch immer wieder vorkommende technische Defekte(der falsche oder überhaupt kein Reiseveranstalter wird in der Reisebestätigung genannt) hierzu führen können. Nicht selten kommt es daher vor, dass sich ein Reisebüro/Reisevermittler nach Auffassung der Gerichte in der Rolle des Reiseveranstalters wiederfindet und somit ungewollt in die reisevertragliche Haftung gedrängt wird.

Taschenspielertricks

Andererseits hilft es dem Reiseveranstalter nicht, sich seiner Haftung durch eine bloße Klausel zu entziehen, derzufolge er Leistungen lediglich vermitteln will. Dem hat der Gesetzgeber durch § 651 a Abs. 2 BGB einen Riegel vorgeschoben.